Nur kurz die Spitzen schneiden

Ria, eigentlich Victoria, hatte wunderschöne lange Haare, die den Eindruck erweckten als ob ein goldener Wasserfall über ihre Schultern und ihre Brüste bis zum Bauchnabel strömte. Sie hatte mich angeschrieben, weil sie nach vielen Jahren Untätigkeit einen Friseur suchte, der ihr die Spitzen schnitt. Die letzten Jahre hatte sie das selbst gemacht, aber jetzt fand sie, dass es doch an der Zeit wäre, mal wieder jemand anderes an ihre Haare zu lassen. „Aber nur die Spitzen“, hatte sie geschrieben, „ich möchte meine schönen langen Haare behalten!“

Ein paar Tage später trafen wir uns bei ihr, und nach wenigen Minuten hatte ich ihre Spitzen fein säuberlich um wenige Zentimeter gestutzt. Der Spliss, die leichten Unebenheiten und die gebrochenen Enden waren verschwunden, und ihre Haare sahen jetzt wieder perfekt aus.

Ich nahm ihr den Umhang ab, und Ria drehte ihren Kopf schwungvoll hin und her, so dass ihre lange Mähne durch die Luft wehte. Dann sah sie mich mit einem durchdringenden Blick an und sagte mit leichtem Zögern in der Stimme: „Du hast doch bestimmt schon viele … ungewöhnliche Wünsche gehört, oder?“

Ich wusste nicht genau worauf sie hinaus wollte, daher antworte ich: „Es kommt natürlich darauf an, was du als ungewöhnlich bezeichnen würdest.“

Sie senkte ihren Blick und betrachtete ihre Finger, als hätte sie diese soeben erst entdeckt. Dann sah sie mir wieder direkt in die Augen: „Ungewöhnliche Wünsche in Bezug auf die Haare.“

Ich nickte. „Ja, zumindest was Durchschnittsmenschen als ungewöhnlich bezeichnen würden. Ich finde beispielsweise einen kurzen Pixie oder einen Undercut nicht so ungewöhnlich, auch wenn die meisten Menschen das vermutlich anders sehen.“

Sie überlegte kurz, bevor sie fortfuhr: „Meinst du, mir würde ein kürzerer Schnitt stehen?“ Ihre Stimme zitterte leicht als hätte sie nicht nur Angst vor der Antwort, sondern schon vor der Frage.

Ich lächelte sie an und hob ihre Haare im Nacken an, so dass ihr schlanker Hals gut zu sehen war. „Na klar, auf jeden Fall! Du hast eigentlich die perfekte Kopfform für kurze Haare.“

Ihre Augen weiteten sich, und sie holte tief Luft. Dann zeigte sie mir auf ihrem Handy ein Bild. „Sowas hier zum Beispiel?“

Jetzt war es an mir, tief und lange Luft zu holen. Auf dem Bild war ein kurzer, strubbeliger platinblonder Pixie zu sehen, an den längsten Stellen vielleicht drei bis vier Zentimeter lang, und an den Seiten und im Nacken ultrakurz rasiert.

„Oha!“, sagte ich und lächelte, „Das sieht fantastisch aus!“

Ihre Stimme klang immer noch etwas zögerlich: „Und du würdest das so schneiden und färben können?“

„Schneiden ist kein Problem, aber ich habe natürlich nichts zum Färben dabei“, sagte ich und fügte hinzu: „Außerdem mache ich bei neuen Modellen ungern Farbe, man weiß nie so genau wie das Resultat wird.“

Ria griff hinter sich in ein Regal und holte eine Tüte hervor. Hagel Hair stand darauf, und dann räumte sie Flaschen und Beutel und Tuben und Schälchen und Handschuhe und Pinsel und eine Waage auf den Tisch.

„Ist das richtig?“, fragte sie unsicher.

Ich betrachtete ihre Einkäufe, alles nur vom Feinsten, sogar an Tönung gegen eventuelle Farbstiche hatte sie gedacht, auch ein paar Stylingprodukte wie Wachs und Haarspray waren dabei, und nickte zustimmend: „Ich hätte es nicht besser aussuchen können.“

„Okay“, sagte sie, setzte sich kerzengerade hin und sah mich mit festem Blick an: „Dann mach, bevor ich es mir wieder anders überlege.“

Ich war komplett überrascht und fragte zur Sicherheit noch einmal nach: „Meinst du das ernst? Ich dachte du wolltest deine langen Haare behalten?“

Sie nickte heftig: „Ja, ich meine es ernst. Mach!“

Ich legte ihr also erneut den Umhang um, der zum Glück auch für Färbearbeiten geeignet war. Dann band ich ihre Haare im Nacken fest zu einem Zopf zusammen und holte meine große Schere heraus, um ihn abzuschneiden.

„Bereit?“, fragte ich und hielt die Schere an den Zopf.

„Ja.“ Ihre Stimme war tonlos, als wäre sie irgendwo anders.

Ich drückte die Schere zusammen, und sie fraß sich knirschend durch die Haare. Ich musste mehrmals kräftig zudrücken, bis ich den langen Pferdeschwanz abgeschnitten hatte. Die jetzt kurzen und befreiten Haare auf ihrem Kopf fielen locker nach vorne, Ria hatte jetzt einen etwas über kinnlangen Bob.

Sie atmete vernehmbar ein und aus und sagte etwas wie „Oh!“ oder „Uh!“, ansonsten kam keine hörbare Reaktion. Dann schlenkerte sie ihren Kopf leicht hin und her, so dass die längeren vorderen Haare vor ihrem Gesicht hin und her wippten. „Oha!“, fügte sie hinzu, und: „Mach weiter!“

Es klang drängend, als fürchtete sie sich davor, dass ich aufhören könnte und sie sich es doch noch anders überlegen könnte.

Ich zögerte nicht und steckte schnell die Haare auf dem Oberkopf zusammen. Dann klickte ich einen 12-mm-Aufsatz auf die Maschine und schaltete sie ein. Das leise Summen ließ Ria kurz zusammenzucken, aber dann neigte sie brav ihren Kopf nach vorne, und ich rasierte ihr mit wenigen schnellen Zügen meiner Maschine den Nacken vom Haaransatz bis weit nach oben. Dann drückte ich ihren Kopf vorsichtig nach rechts und setzte dieselbe Prozedur auf der linken Seite fort, um mich anschließend der rechten Seite zu widmen. Nach weniger als einer Minute hatte Ria einen schönen 360-Grad-Undercut, der natürlich nur die Vorbereitung darstellte. Die Haare würden hier noch deutlich kürzer werden, und ich nahm mir vor, sie nicht nur wie auf dem Foto am Rand auf drei bis vier Millimeter zu kürzen, sondern auf die kürzeste Länge, die meine Maschine hergab, und das waren etwa 0,5 Millimeter.

Aber zunächst waren jetzt die Haare auf dem Oberkopf dran. Das Foto zeigte etwa drei bis vier Zentimeter, schön strukturiert, am Wirbel etwas kürzer, zur Stirn hin etwas länger. Ich wählte meine kürzere Modellierschere und arbeitete mich vom Hinterkopf aus nach vorne vor, Mitte, linke Seite, rechte Seite, und stellte sicher, dass die Übergänge zum rasierten Undercut zu ihrer Kopfform passten. Die Struktur würde ich später mit einer Pointing-Technik herausarbeiten.

Doch jetzt waren zunächst die raspelkurzen Ansätze dran. Ich entfernte den Aufsatz von der Maschine und stellte das Wählrad auf die kürzeste Länge.

Ria bekam mit, was ich vorbereitete, und fragte etwas schüchtern: „Was kommt denn jetzt?“

„Ich werde die Ansätze ganz kurz ausrasieren, das macht den Schnitt noch etwas schicker.“

„Oh, okay.“ Das klang nicht ganz überzeugt, aber Ria nickte noch einmal zur Bestätigung, als ich die Maschine wieder einschaltete.

Ich rasierte zunächst im Nacken einige Zentimeter weit nach oben die Haare ganz aus und fuhr entsprechend über den Ohren fort, dort allerdings nur etwa einen Finger breit. Es entstand eine schöne weiche geschwungene Linie, die den kürzesten Bereich definierte. Ria ließ alles über sich ergehen wie ein Kaninchen, das in einen grellen Scheinwerfer starrte.

Als nächstes kümmerte ich mich um den Bereich zwischen dem ausrasierten Ansatz und den längeren Haaren weiter oben. Mit verschiedenen Aufsätzen rasierte ich einen weichen Übergang, was einige Zeit in Anspruch nahm.

Während ich so konzentriert arbeite, sagte Ria plötzlich: „Ich glaube es irgendwie nicht, dass ich das gerade mache!“ Ihre Stimme klang nicht besorgt oder traurig, sondern leicht aufgeregt.

„Das ist ja auch eine ganz schön krasse Veränderung“, entgegnete ich und wechselte mal wieder auf einen etwas größeren Aufsatz. Ich war gleich mit dem kurzen Bereich im Nacken und an den Seiten fertig und würde dann den Oberkopf strukturieren.

„Ja, und eigentlich wollte ich nur die Spitzen geschnitten haben“, grinste sie. Dann verfinsterte ihr Blick sich wieder: „Ich bin gespannt was meine Freunde dazu sagen werden!“

„Die meisten werden es vermutlich ziemlich cool finden!“, entgegnete ich. Mit der Maschine war ich fertig, und ich widmete mich den Haaren auf dem Kopf. Schnipp, schnipp, schnipp, flogen kurze Härchen durch die Luft.

„Und die anderen?“

„Sind vermutlich keine richtigen Freunde.“ Das wurde noch richtig philosophisch, dachte ich.

Ria schwieg und schien nachzudenken. Ich schnippelte weiter, wuschelte ab und zu durch ihre kurzen Haare, und schließlich war ich mit dem Ergebnis zufrieden. Ich hielt ihr einen Spiegel hin.

„Ist noch nicht gestylt, und die Farbe fehlt auch noch“, sagte ich.

Ihr Mund klappte auf, und sie hielt die Luft an. Die Ansätze waren kaum noch erkennbar und sahen fast aus wie kahlrasiert, die Seiten und der Nacken waren bestenfalls noch fünf Millimeter lang, und nur ganz oben auf dem Kopf waren noch leicht strubbelige längere Strähnen von maximal drei oder vier Zentimetern zu sehen.

„Wow“, murmelte sie schließlich, „Das sieht ja richtig geil aus!“

„Dann warte mal, bis die Farbe drin ist!“, lachte ich und sichtete die Ausrüstung, die Ria besorgt hatte. Es waren verschiedene Konzentrationen von Wasserstoffperoxid vorhanden, reichlich Bleichpulver und, wie bereits erwähnt, auch einige Tönungen.

„Wie hell soll es denn werden?“, fragte ich und untersuchte noch einmal ihre Haarstruktur und Haarfarbe. Ria hatte gesunde, kräftige Haare, da würde ich problemlos mit starker Aufhellung arbeiten können und mit einem einzigen Durchgang auf Stufe 12 kommen.

„So wie auf dem Bild“, antwortete sie und zeigte mir noch einmal das Foto auf ihrem Smartphone. Die Frau dort hatte fast weiße Haare, und ich stellte fest, dass sie der Farbton leicht ins Blaugraue abdriftete.

„Kein Problem“, stellte ich fest und rührte zunächst die Blondierung an. Dann Pinsel ich die Masse in ihre kurzen Haare und bedeckte sie mit Folie. Extra Wärme war nicht erforderlich.

„Wie bist du eigentlich vom Spitzenschneiden zum platinblonden Pixie gekommen?“, fragte ich, während die Blondierung einzuwirken begann.

„Keine Ahnung, ich wollte einfach mal etwas ganz anderes ausprobieren, habe mich aber nie getraut. Und dann habe ich deine Anzeige gelesen und …“ Sie hielt inne.

„… Und gedacht, das ist jetzt die Gelegenheit …“, fuhr ich fort.

„Genau!“, warf sie ein, „So war es. Wenn nicht jetzt, wann sonst?“

„Aber warum erst das mit den Spitzen?“, fragte ich irritiert.

„Ich wollte herausfinden, ob du es wirklich kannst. Das mit dem Haare schneiden meine ich natürlich!“, lachte sie.

Ich grinste und prüfte die Aufhellung. Perfekt. Nahezu weiß, den Rest würde die Tönung machen.

Wir gingen von der geräumigen Küche ins Bad, um die Farbe aus dem Haar zu waschen, und das Ergebnis war wirklich sehr schön. Kaum Gelbstich, und sehr gleichmäßig, und richtig schön hell.

Also kam jetzt die Tönung, und Ria hatte genug Auswahl mitgemacht. Ich entschied mich für eine leicht bläuliche Farbe und 4% Wasserstoffperoxid. Nach wenigen Minuten war auch diese aufgetragen und konnte einwirken.

Ria war jetzt deutlich entspannter und gelassener als noch eine Stunde vorher, als ich mit der Maschine ihre Haare abrasiert hatte.

„Wie bist du eigentlich auf dein Hobby gekommen?“, fragte sie.

„Eine ehemalige Freundin von mir hatte mal Lust auf kurze Haare, aber kein Geld. Da habe ich ihr die Haare geschnitten und festgestellt, dass ich das ganz gut hinbekommen habe.“

„Und sie fand das Ergebnis so toll, dass sie dich verlassen hat?“, fragte Ria grinsend.

„Das war nicht der Grund, sondern eher, dass ich dauernd neue Modelle hatte!“, lachte ich.

„Und da war sie eifersüchtig?“

Ich nickte. „Und irgendwann war es mir dann zu stressig und habe es beendet.“

„Oh“, sagte Ria, „das klingt irgendwie traurig.“

„Das war nicht der einzige Grund“, sagte ich, und nach einer kurzen Pause fügte ich hinzu: „Aber das erzähle ich dir ein anderes Mal, die Farbe ist nämlich fertig!“

Wir spülten also ein zweites Mal die Farbe aus ihren kurzen Haaren, und das Resultat war wirklich toll. Schon im nassen Zustand leuchteten die Haare silber-bläulich, und nach dem kurzen Fönen und ein wenig Styling mit Wachs waren sie weißblond mit einem leichten Blaustich und ein bisschen strubbelig.

„Wahnsinn!“, jubelte Ria, nachdem sie sich im Spiegel betrachtet hatte, „Ich weiß gar nicht wie ich dir danken soll!“

„Mach einfach ein bisschen Werbung für mich!“, grinste ich.

Sie gab mir einen sanften Kuss auf die Wange. „Mach ich!“, flüsterte sie mir ins Ohr, „Ich werde auch nicht eifersüchtig sein!“

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